Susanne aus Bremen    

 

Charly: Geschichte einer älteren männlichen Blaustirn-Amazone  (Oktober 2001) 

Es ist einfach toll ihn bei uns zu haben. Charly genießt den ganzen Tag Freiflug! Da er aber sehr faul ist, fliegt er selten. Dafür geht er gerne auf dem Parkett spazieren. Er darf im ganzen Haus in unserer Nähe sein, deshalb haben wir auch noch 2 Freisitze in der oberen Etage. Charly ist jetzt 14 Jahre alt und hat schon viel erlebt. Deshalb reagiert er auch manchmal auf ganz normale Dinge für uns unverständlich. Es wird aber in kleinen Schritten immer besser, da er merkt, dass er es wohl sehr gut bei uns hat und ihm keiner auch nur eine Feder knicken möchte.

Vieles lernt man erst, wenn man ein solches Tier bei sich hat. In KEINEM Buch steht, dass gerade Amazonen sehr aggressiv in ihrer Brutzeit auf ihren Halter reagieren können. Und das nicht nur, wenn sie verpaart sind.

Auch unser "Stinker" ist in der Zeit von Dezember bis Mai manchmal nur mit viel gutem Willen zu ertragen. Allerdings hat er unsere Tochter als seine Partnerin erkoren und ihr gegenüber ist er eigentlich nie aggressiv.

Charly ist eine deutsche Nachzucht, von der wir aber nicht wissen, ob es sich mal um eine Handaufzucht handelte. Seine Geschichte ist die vieler Papageien, die durch Unwissenheit und Gedankenlosigkeit mal hierhin und mal dorthin verkauft worden sind.

Er ist wohl bei einem Züchter in Bürstadt geschlüpft und beringt worden. Danach wurde er irgendwie in ein Zoofachgeschäft nach Bremen transportiert. Ich mag nicht daran denken, wie er wohl hierher gebracht worden sein mag …verschickt in einem Postpaket???

Hier in Bremen wurde er dann an ein Ehepaar, dass eine kleine Tochter hatte, verkauft. Dort muss er es anfangs auch sehr gut gehabt haben, denn er ist auch zu unserer Tochter Janine sehr lieb.

Nach einigen Jahren war dieses Mädchen aber wohl nicht mehr so begeistert von ihrem Haustier, weil sie nun Pferde entdeckte und sich nur noch für die interessierte. Charly saß nun nur noch in seinem Käfig. Er muss sich furchtbar gelangweilt haben.

Dann trennten sich die Eltern dieses Mädchens auch noch und der Papagei wurde dem Vater auf’s Auge gedrückt. Er nahm ihn mit, kam allerdings überhaupt nicht mit ihm zurecht. Zeitmangel war sicher auch ein entscheidender Faktor, denn man darf nicht vergessen, so ein Tier braucht sehr viel Liebe und Zuwendung.

Dieser Herr X setzte seinen Vogel nun in ein Kleinanzeigenblatt in unserer Stadt und verkaufte ihn an eine andere Frau, die allerdings schon eine Blaustirn-Amazone hatte. Allerdings war ihm dies egal. Das Geld, was er für den Vogel bekommen konnte, war ihm wichtiger als das Seelenheil dieser armen Kreatur.

Nun wurde es für Charly allerdings besser. Er durfte mit einem Artgenossen zusammen spielen und sich putzen lassen, denn die beiden verstanden sich prächtig. Alles schien in Butter und ich denke, er war recht zufrieden mit seinem Leben.

Doch dann wurde die andere Blaustirn-Amazone geschlechtsreif und der Tanz begann. Charly war zu dem Zeitpunkt ja längst geschlechtsreif und duldete nun wohl seinen ebenfalls männlichen Artgenossen nicht mehr an seiner Seite. Sie stritten sich und schrien sich an. Es ging wohl soweit, dass die beiden Kampfhähne auf sich los gingen. Sie mussten also getrennt werden. Nun saßen sie in verschiedenen Käfigen und brüllten sich gegenseitig an, wenn sie sich zu Gesicht bekamen.

Zu der Zeit haben wir eine Anzeige in der Zeitung aufgegeben, weil wir uns um einen Papageien bemühen, doch zuvor erst einmal die Lage abklopfen wollten, da wir nicht unbedingt ein Jungtier erwerben wollten. Ich hatte mir im Vorfeld viele Bücher gekauft und genauestens gelesen, damit wir uns darüber klar werden konnten, um was für eine Amazone wir uns bemühten. Es sollte also eine Mülleramazone oder eine Blaustirn werden. Die Anzeige hatten wir eigentlich nur mal so aufgegeben, um zu schauen, ob überhaupt jemand sein geliebtes Tier abgeben wollte oder musste.

Eine gute Bekannte hat eine weit über 40 Jahre alte Blaustirn-Amazonen-Henne bei sich, und sie hat eigentlich den Wunsch nach einem älteren Tier in uns geweckt. Wir haben einige Male Lora (siehe Bild rechts) und ihre Familie besucht, um Fragen zu stellen und unseren Entschluss zu überdenken. Sie hat uns auch nachdenklich in Bezug auf Papageien gemacht. Denn ihre Papageiendame hat auch schon den dritten Besitzerwechsel hinter sich. Dort gab es auch in den ersten Jahren blutige Finger und verzweifelte Gesichter. Heute sind die drei aber ein Herz und eine Seele.

Lora hat es sehr gut bei Christa und Manfred. Es ist jedes Mal eine Freude, wenn ich die drei besuche und sehe, wie schön doch das Zusammenleben mit so einem intelligenten Wesen sein kann.

Ich war so erschrocken über die Resonanz unserer Anzeige, dass es mir fast die Sprache verschlug. Das Telefon stand tagelang, nein ich muss fast sagen wochenlang nicht still. Immer wieder meldete sich jemand und wollte mir seinen Vogel anbieten. Das gab mir schon zu denken! 

Ich glaube es war am dritten Tag, als mich Carola anrief. Sie hat mir nicht gleich den Vogel schmackhaft gemacht, sondern mich gefragt, weswegen wir einen Papageien haben wollen, wie wir uns das vorstellen usw. usw. Dann sagte sie, dass wir doch alle mal bei ihr vorbeikommen sollen. (die ganze Familie) Sie wolle uns mal anschauen.

Das gefiel mir! Sie wollte erst mal sehen, was wir denn so für "Peoples" sind. Ich habe dann zu meinem Mann gesagt: "Lass uns doch mal gucken fahren, wir müssen ihn ja nicht kaufen."

Lange Rede kurzer Sinn! Carola sagte nach längerem Gespräch zu uns, wir sollen den Charly doch erst mal auf Probe mitnehmen und schauen, ob wir mit ihm zurecht kommen. Das gefiel mir ja noch besser! Schon hatte sie ein passendes Auto organisiert und "bums" hatten wir einen Charly in unserem Wohnzimmer stehen.

Carola rief alle paar Tage bei uns an, und fragte, wie es denn ginge und ob sie uns mit einem Rat zur Seite stehen könnte. Es war schon gut, jemanden zu haben den man anrufen konnte, wenn es brannte.

Die erste Zeit war kein Zuckerschlecken, denn man musste sich erst aneinander gewöhnen.

An Janine hatte er von der ersten Sekunde an einen Narren gefressen. (Was auch daran liegen mag, das die erste Besitzerin ja auch ein kleines Mädchen war.) Sie kann fast alles mit ihm machen, nur auf die Hand geht er  grundsätzlich nicht. Er muss extrem schlechte Erfahrungen mit Händen gemacht haben.

Er ist jetzt genau 2 Jahre bei uns! Jetzt kann ich sagen, dass es ein schönes Zusammenleben mit diesem älteren Vogel ist. Es war aber ein langer steiniger und auch tränenreicher Weg bis hierher. Mit einem Jungvogel wäre uns wohl vieles erspart geblieben, aber wir haben auch massenhaft gelernt. Und auch ein älterer Vogel hat ein schönes Heim verdient.

Ich kann nur jedem Halter oder zukünftigen Halter ans Herz legen: "Denkt daran, es ist kein Gegenstand, den ihr da vor euch habt. Es ist ein sehr intelligentes Wesen, dem man Respekt und Liebe entgegentreten sollte." Dann wird der Papagei auch versuchen, euren Erwartungen zu entsprechen.

 

Wenn es wirklich aus irgendwelchen Gründen nötig ist, diesen Vogel abzugeben, dann sucht einen guten Platz für den Vogel. Am besten einen Platz, an dem man sich auch selber wohlfühlen würde.

Wir wünschen uns, dass wir noch viele viele schöne Jahre mit unserem lieben Hausgenossen verbringen dürfen.

 

Weitere Bilder von Charly sind hier zu sehen!

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Wie wär's mit einem Papageien-Tiffany-Fensterbild? 

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